Sport im Alter
Sport im Alter nicht vernachlässigen
Sport hält nicht nur fit, sondern erhält
die körperliche Leistungsfähigkeit
oft bis ins hohe Alter - darüber sind
sich Wissenschaftler und Ärzte einig.
Trotzdem sind die meisten Senioren träge.
Rund 75 Prozent der 70- bis 79-jährigen
Männer und Frauen treiben überhaupt
keinen Sport, wie eine Untersuchung des
Robert-Koch-Instituts in Berlin zeigte.
Nach Schätzungen des Sportmediziners
Prof. Klaus Bös von der Universität
Karlsruhe bewegen sich sogar weniger als
fünf Prozent der Senioren zwischen
50 und 60 regelmäßig. Bei den
jüngeren Erwachsenen sind es immerhin
noch zehn Prozent.
Für
körperliche Aktivität ist es nie
zu spät, und die Liste der günstigen
Effekte ist lang. Ausdauertraining senkt
langfristig beispielsweise die Ausschüttung
der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin,
so dass Blutdruck und Pulsfrequenz bei Belastung
weniger ansteigen. Gleichzeitig hat es einen
positiven Effekt auf erhöhte Blutfettwerte.
Darüber hinaus mindert Bewegung den
altersbedingten Abbau von Muskeln, verbessert
das Kurzzeitgedächtnis und das Reaktionsvermögen
von Senioren.
Experten
schätzen, dass sich ein Großteil
der Kosten im Gesundheitswesen auf Bewegungsmangel
zurückführen lässt. Und körperliche
Inaktivität steht in der Rangliste
der Risikofaktoren inzwischen ganz oben,
beispielsweise bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Andererseits wird Sport heute als wichtiger
Bestandteil der Therapie von beispielsweise
Rheuma, Kopf- oder Rückenschmerzen
gesehen. Ob Bluthochdruck, Stoffwechselstörungen
oder Asthma - manche Mediziner behaupten
sogar, dass es kaum eine Krankheit gibt,
bei der Bewegung den Behandlungserfolg nicht
zumindest unterstützt. Sport gehört
deshalb zu einem festen Bestandteil der
Rehabilitation.
Aber
auch Unfälle lassen sich durch regelmäßige
körperliche Aktivität vermeiden.
Beim Krafttraining werden nicht nur die
Muskelkraft, sondern auch Reflexe und die
schnelle Koordination von Bewegungen verbessert
- eine Voraussetzung etwa, um Stürze
besser abfangen zu können. "Älteren
Menschen empfehlen wir deshalb heute neben
dem Ausdauertraining auch meist ein moderates,
gezieltes Krafttraining", sagt Prof.
Dr. med. Erich Lang vom Carl-Korth-Institut
in Erlangen. Denn dabei werden solche Fähigkeiten
gezielt geschult. Außerdem stärkt
Krafttraining die Knochen und schützt
so vor Osteoporose. "Allerdings kommt
es auf das richtige Maß an, denn zuviel
kann auch schaden", sagt Prof. Lang.
Optimal sind zwei bis dreimal wöchentlich
Trainingseinheiten von 30 bis 40 Minuten.
Nur
wenige machen zuviel - die meisten tun viel
zu wenig. Für sie gilt: Je mehr Bewegung
in den Alltag integriert wird, umso besser.
Auch schon kleine Veränderungen von
Lebensgewohnheiten können viel bewirken.
Wer etwa statt mit dem Fahrstuhl zu fahren,
selber Treppen steigt, täglich spazieren
geht oder regelmäßig im Garten
arbeitet, profitiert von dem Extra an Bewegung.
Wichtig ist vor allem, dass es Spaß
macht. Denn inzwischen weiß man: Wer
sich schindet, tut sich nichts Gutes. Besser
ist das Motto "mäßig aber
regelmäßig". Laufen, Radfahren
und Schwimmen sind ideale Sportarten für
Senioren. Erste Erfolgserlebnisse zeigen
sich schon nach wenigen Wochen Training.
Man ist fit und leistungsfähiger und
auch die Psyche profitiert. "Weil Ausdauertraining
die Aktivität des Sympathikus reduziert,
fühlt man sich insgesamt besser und
entspannter", sagt Prof. Lang.
Weil
sich individuelle Leistungsdifferenzen vor
allem im Alter zeigen, sollte sich jeder,
der neu mit einem Sport anfängt, oder
nach einer längeren Pause wieder einsteigt,
einer sportärztlichen Bestandsaufnahme
unterziehen. Zum einen, um in dem für
ihn optimalen Leistungsbereich trainieren
zu können, zum anderen aber auch, um
Erkrankungen beispielsweise des Herz-Kreislaufsystems
auszuschließen. Denn diese können
- unerkannt - bei sportlicher Belastung
schnell zu gefährlichen Komplikationen
führen. Aber keine Erkrankung schließt
Bewegung völlig aus. Im Gegenteil:
Sowohl nach einem Herzinfarkt, als auch
bei Herzinsuffizienz oder Diabetes hat heute
Bewegung neben einer Ernährungsumstellung
und einer Behandlung mit Medikamenten oberste
Priorität. Wichtig ist aber, die Belastung
an die körperlichen Voraussetzungen
anzupassen und bei der Erstellung eines
Trainingsplans einen Sportmediziner miteinzubeziehen.
Sportverletzungen
sind im Alter nur selten. "Zum einen
bewegen sich Senioren weniger, zum anderen
weichen sie mit den Jahren auf ungefährlichere
Sportarten aus", sagt Prof. Dr. med.
Gotzen, Chefarzt der Klinik für Unfall-,
Wiederherstellungs- und Handchirurgie am
Klinikum der Phillips-Universität in
Marburg. Trotzdem nimmt die Anzahl der über
50-Jährigen mit einer Sportverletzung
zu, wie Prof. Gotzen in einer Studie feststellt.
1987 lag ihr Anteil demnach noch bei 1,9
Prozent. Inzwischen ist er auf 3,4 Prozent
gestiegen. Für den Anstieg ist, seiner
Meinung nach, nicht nur die demographische
Entwicklung mit einer wachsenden Zahl an
Senioren verantwortlich, sondern auch, dass
ältere Menschen heute sportlich aktiver
sind, als vor einigen Jahren.
"Interessanterweise
ist das vor allem bei Senioren beliebte
Golfspiel in höheren Altersgruppen
die Sportart mit der höchsten Verletzungsrate",
sagt Prof. Dr. Kuno Weise, von der Berufsgenossenschaftlichen
Unfallklinik in Tübingen. Eine wachsende
Bedeutung bei Sportverletzungen hat, so
Prof. Gotzen, auch der Radsport. Er hat
deutlich an Popularität gewonnen und
wird vor allem von älteren Menschen
als Gesundheitssport geschätzt. "Das
Verletzungspotential beim Radsport ist aber
groß", warnt Prof. Gotzen. Letztlich
gilt für Senioren dasselbe wie für
jüngere Sportler: Übertriebener
Ehrgeiz, eine schlechte Technik und das
Übergehen von körperlichen Einschränkungen
erhöhen das Verletzungsrisiko unnötig.
"Trotzdem sind sich Ärzte inzwischen
einig, dass der gesundheitliche Gewinn beim
Sport gerade auch im Alter noch so groß
ist, dass Senioren das Risiko einer Sportverletzung
durchaus eingehen sollten", sagt Prof.
Weise.